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Die Geschichte von Mungwen und Curunir

von Anonym

Vor langer, langer Zeit lebte in dem Elbenreich Serindé ein Elbenmädchen namens Mungwen. Sie war selbst für die Maßstäbe ihres Volkes ungewöhnlich hübsch und freundlich gegenüber jedem, den sie traf, und das machte sie in der Schule sehr beliebt. Eines Tages jedoch hörte man Kampflärm über die friedlich im Sonnenlicht schimmernden Dächer von Serindé hallen, und Mungwens Vater, der über diese Ländereien herrschte, schickte Späher aus, um zu sehen, woher das Waffengeklirr und die Schreie stammten. Es stellte sich heraus, dass eine Horde Orks vorbeiziehende Menschen angegriffen hatte, alle getötet und ihre wenige Habe gestohlen hatten. Einzig und allein ein Neugeborenes hatten sie übersehen. Die Elben nahmen den Jungen in ihre Obhut, gaben ihm den Namen Curunir und wollten für ihn sorgen, bis er alt genug war, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Ein paar Jahre später sollte er gemeinsam mit in etwa gleichaltrigen Elben die Schule besuchen, und gleich an seinem ersten Tag verliebte sich Curunir auf den ersten Blick in Mungwen. Diese beachtete ihn jedoch nicht weiter, da er nicht wie all ihre anderen Freunde aus vornehmem Hause stammte. Mit der Zeit begann er ihr aber zu gefallen, denn er behandelte sie stets höflich und zuvorkommend und manchmal half er ihr sogar bei den Hausaufgaben. Eines Tages erzählte Mungwen ihrer besten Freundin von ihrer Schwärmerei, doch diese riet ihr dringend davon ab, sich weiter mit ihm abzugeben, denn Curunirs Pflegeeltern waren nicht gerade reich und konnten sich für ihren Ziehsohn eben nicht die neuesten Bücher und Bögen wie die Eltern von Mungwens Freunden leisten. Daraufhin hörte Mungwen auf, sich dann und wann mit Curunir zu verabreden, doch da sie ihm keinen ihrer Beweggründe genannt hatte, war Curunir sehr traurig. Auch in den darauffolgenden Jahren hatte er nur Augen für Mungwe, die ihn jedoch vollkommen ignorierte. Einige Zeit ging ins Land, und obwohl seine Klassenkameraden nur kaum merklich älter wurden, wurde Curunir erwachsen und ging aus Serindé fort auf der Suche nach Abenteuern. Er schloss sich den Menschen an und gelobte deren König Treue bis in den Tod. Es dauerte nicht lange, da wurde das Königreich von einem bösen Zauberer mit Schrecken überzogen. Seine Kreaturen verwüsteten Dörfer und mordeten und plünderten. Das Reich stand kurz vor dem Fall. In dieser Stunde der Dunkelheit beschloss der König, dem Leid ein Ende zu setzen, und er machte sich mit einer Schar seiner Getreuen, unter ihnen auch Curunir, auf, den Zauberer zu töten. Sie hatten eine lange, beschwerliche Reise vor sich, und als sie endlich in Sichtweite der Festung des Bösen kamen, wurde ihnen klar, dass die Streitmacht des Zauberers sie wie lästige Insekten vernichten würde. Doch nach einer flammenden Rede des Königs entschieden sich die tapferen Kämpfer dazu, ihr Glück herauszufordern und zu versuchen, bis zur Kammer des Magiers vorzudringen. Curunir und seine Mitstreiter stürzten sich in die Schlacht, doch bereits nach kurzer Zeit wurde der König von einem Bolzen nahe der Schläfe getroffen. Er winkte Curunir, der dicht neben ihm gestanden hatte und gekämpft hatte, zu sich, und überreichte ihn ihm mit den Worten „Mein Sohn…“. Curunir wollte noch eine Frage stellen, doch in diesem Moment hauchte der König sein Leben aus und schied dahin. Erzürnt über die Bosheit des Zauberers und in tiefer Trauer wegen des Todes seines Herren schlug sich Curunir seinen Weg zu den Gemächern des Zauberers. Dieser erwartete ihn bereite, doch Curunir war zu schnell für ihn und trennte ihm mit einem sauberen Schnitt den Kopf von den Schultern. Dann lief er so schnell er konnte aus der Festung nach draussen, wo er bemerkte, dass alle Ungeheuer, die für den Magier in die Schlacht gezogen waren, verschwunden waren. Seine Gefährten beglückwünschten ihn, sobald sie Curunir fanden, und erzählten, sie hätten auf einmal ein furchtbares Geräusch vernommen und in diesem Moment verblassten die Orks und Trolle wie Nebelschleier im Sonnenlicht. Curunir hingegen berichtete ihnen vom Tod des Königs und zeigte ihnen die Scriftrolle, die sie sogleich öffneten. Auf ihr ward geschrieben: „Curunir soll mein Erbe antreten.“ Zuerst konnte es niemand so recht glauben, doch die Rolle war mit dem Symbol des Königshauses versiegelt worden, und der Herrscher selbst hatte unterzeichnet. So machten sich Curunir und seine Mitstreiter wieder auf den Heimweg in die Hauptstadt, wo er dann auch zum König gekrönt wurde und mit einer jungen Frau, die er in seiner Zeit vor der Schlacht kennengelernt hatte, vermählt. Mungwen hatte auch vom Sieg Curunirs gehört und machte sich auf, ihn zu besuchen. Auf der Krönungszeremonie wartete sie auf ihn, doch als sie sah, dass er sich bereits eine Gefährtin gesucht hatte, wurde sie sehr traurig und verließ die Stadt sofort. Kaum war sie vor den Toren angelangt, packte sie den Dolch, den sie immer bei sich trug, und stieß ihn sich in die Brust und lag an dem Ort, wo sie gestorben war, bis einige Kundschafter Curunirs ihren Leichnam entdeckten und ihn zu ihrem König brachten. Und Curunir, der seinerseits immer darauf gehofft hatte, Mungwen würde zu ihm zurückkehren, stürzte sich aus Trauer vor den Augen seiner Frau von den Zinnen des höchsten Turms, um im Tod mit seiner wahren Geliebten vereint zu sein.


Gwaithniriel

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